Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

KZ Oranienburg 1933-1934

In einer ehemaligen Brauerei mitten in der Stadt Oranienburg richtete die örtliche SA am 21. März 1933 das erste Konzentrationslager in Preußen ein. Über 3000 Häftlinge, vor allem politische Gegner der Nationalsozialisten, wurden dort gedemütigt und misshandelt, einige sogar ermordet. Die Ausstellung zeigt anhand von Kunstwerken, Gegenständen, Dokumenten, Filmen und Hörbeispielen den raschen Übergang vom Straßenterror zum staatlich organisierten KZ-System.

Die 1994 gezeigte Sonderausstellung über das KZ Oranienburg wurde in komprimierter Form in die 2002 zu diesem Thema eröffnete Dauerausstellung im "Neuen Museum" übernommen. Von der heutigen Gedenkstätte Sachsenhausen befand sich das KZ Oranienburg nur drei Kilometer entfernt und war drei Jahre vor dem Bau des KZ Sachsenhausen am 21. März 1933, dem Tag von Potsdam, an dem die konservativen Eliten Deutschlands Hitler huldigten, von der örtlichen SA-Standarte mitten in der Stadt Oranienburg in einer ehemaligen Brauerei eingerichtet worden. Bis heute wird es häufig mit dem 1936 von Häftlingen erbauten KZ Sachsenhausen verwechselt.

Mit dieser Ausstellung erinnert die Gedenkstätte am Beispiel des ersten frühen KZ Oranienburg an die Anfänge des Terrorsystems im Nationalsozialismus und dokumentiert mit eindrucksvollen Exponaten den raschen Übergang vom Straßenterror zum staatlich organisierten KZ-System. Die ersten Konzentrationslager in Deutschland waren, wie die Ausstellung kenntlich macht, vor allem örtliche „Lager der Rache“, in denen die Nationalsozialisten ihre politischen und intellektuellen Gegner aus den Straßenkämpfen und Redeschlachten der Weimarer Republik zur Abschreckung inhaftierten. Nicht selten kamen Täter und Opfer aus dem gleichen Milieu oder waren Nachbarn bzw. Familienangehörige wie im KZ Oranienburg, wo dem Kommunisten Willi Ruf sein Vater als SA-Aufseher gegenüber stand. In Oranienburg, dem ersten Konzentrationslager in Preußen, wurden bis zur Entmachtung der SA im „Röhm-Putsch“ und Auflösung des Lagers im Juli 1934 durch die SS insgesamt etwa 3.000 Häftlinge aus Berlin, Oranienburg und Umgebung eingeliefert, gedemütigt und misshandelt. Mindestens 16 Inhaftierte kamen ums Leben, unter ihnen der Schriftsteller Erich Mühsam.

Neben den Lebenswegen einzelner Häftlinge unterschiedlicher politischer Couleur und sozialer Herkunft bilden auch Biographien der Täter, vor allem der SA Oranienburg, einen Schwerpunkt der Ausstellung. Ein weiteres Thema ist der öffentliche Umgang mit dem Lager, zum einen durch seine zentrale Lage unweit vom Schloss an der belebten Berliner Straße und die enge Einbindung in das Stadtleben, zum anderen durch die Nutzung des Lagers mit inszenierten Bildern des Lagerlebens für Propagandazwecke im In- und Ausland. Gezeigt wird dazu unter anderem ein Wochenschaubericht über das KZ Oranienburg, der ein geschöntes Bild von "Umerziehung" durch Sport und harte Arbeit vermittelt. Folter und Mord kommen darin nicht vor. Erst der Sozialdemokrat Gerhart Seger, dem Ende 1933 die Flucht gelang, berichtet darüber in seinem bereits 1934 veröffentlichtem Buch „Oranienburg. Erster authentischer Bericht eines aus dem Konzentrationslager Geflüchteten“ und trug dazu bei, das KZ Oranienburg weltweit zum Symbol des Nazi-Terrors zu machen.

In der vom Architekten Stefan Haslbeck gestalteten Ausstellung werden eine Vielzahl von herausragenden Exponaten in durchgehenden Wandvitrinen längsseits der Ausstellungsräume präsentiert, darunter Zeichnungen von dem österreichischen Maler Rudolph Karl von Ripper, der seine Bilder nach der Entlassung aus dem KZ Oranienburg anfertigte, und weitgehend unbekannte Arbeiten von George Grosz zum fingierten Selbstmord Erich Mühsams oder Fotos, Dokumente und persönliche Gegenstände aus Nachlässen der SPD-Politiker Ernst Heilmann, Franz Künstler, Otto Scharfschwerdt und Friedrich Ebert jun., der Berliner Rundfunkleute Alfred Braun und Hans Flesch, der Schriftsteller Armin T. Wegener, Ehm Welk und Erich Mühsam und von Oranienburger Abgeordneten Kurt Hintze, Willi Ruf und Wilhelm Schulz. Leitbild der Schau sind jedoch die vom historischen Ort stammenden originalen Steine des Hofpflasters der ehemaligen Brauerei, die in der Mitte der Ausstellung als Straße verlaufen und den Raumeindruck und Charakter der Ausstellung wesentlich bestimmen.

Katalog zur Ausstellung

Audiowalk über das KZ Oranienburg 1933/34

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