Weihnachtsgeschenk eines Mithäftlings im Jahr 1944
Ein besonderes Weihnachtsgeschenk
Grade einmal 5 Gramm schwer ist dieser Ring, doch man mag sich kaum vorstellen, wie viel er in der Tasche des Häftlings gewogen haben muss, der ihn heimlich herstellte. In den Maschinen, die sonst Panzerteile formten und aus Material, das für tödliche Munition bestimmt war, entstand im Winter 1944 dieses besondere Geschenk.
Den Namen des Herstellers kennen wir nicht. Der Beschenkte – Bernard Dutasta – erinnerte sich nur an dessen Nationalität: der Mann, der ihm diesen Ring am Weihnachtstag des Jahres 1944 schenkte, soll polnischer Abstammung gewesen sein.
Auf der silber glänzenden hervorstehenden Raute des Schmuckstückes ist ein schwarzer Winkel aus Kunststoff ins Metall eingelassen, von der Form her identisch mit dem Winkel, den jeder Häftling an der Kleidung befestigen musste. Der in Frankreich geborene Bernard Dutasta trug als politischer Häftling einen roten Winkel. Er wurde 1943, gerade einmal 21 Jahre alt, bei dem Versuch einer Illegalen Grenzüberschreitung festgenommen und ins Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt. Unter dem Winkel befand sich seine Häftlingsnummer 65308, die seinen Namen ersetzen sollte. Auch diese Nummer befindet sich auf dem Ring, eingraviert unter dem Winkel.
Der Medizinstudent Dutasta wurde als Pfleger im Krankenrevier des Außenlagers Falkensee eingesetzt. Das Außenlager lag unmittelbar neben den Fabrikhallen der Deutschen Maschinenbau Aktiengesellschaft, kurz DEMAG genannt. Bis zu 2500 Häftlinge aus ganz Europa mussten hier bis zu 14 Stunden am Tag Sklavenarbeit leisten. Mit Vitaminspritzen und großer Hingabe versuchte Dutasta, so vielen Häftlingen wie möglich zu helfen. Er gehörte auch dem illegalen Lagerkomitee an, das mit Hilfe der DEMAG Werksleitung im April 1945, als die russischen Streitkräfte immer näher gen Falkensee rücken, eine Evakuierung des Lagers verhindern konnte.
Als die Rote Armee am 26. April das KZ-Außenlager Falkensee erreichte und die Häftlinge endgültig befreite, blieb Dutasta noch einige Zeit vor Ort, um verletzten Mitgefangenen, Rotarmisten und Zivilisten zu helfen. Erst im Winter kehrte er schließlich in seine französische Heimat zurück, wo er 1998 im Alter von 76 Jahren verstarb.
Den Ring des polnischen Mithäftlings trug er auch zwei Jahre nach der Befreiung noch, als er Winkel und Nummer abgelegt hatte.