Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

1933-1934 Konzentrationslager Oranienburg

 

Das erste Konzentrationslager in Preußen

Mitten in der Innenstadt von Oranienburg wurde am 21. März 1933, dem "Tag von Potsdam", an dem die konservativen Eliten Deutschlands Hitler huldigten, auf dem Gelände einer ehemaligen Brauerei von der lokalen SA-Standarte 208 das erste staatliche Konzentrationslager Preußens eingerichtet. Die frühen Konzentrationslager in Deutschland waren vor allem örtliche "Lager der Rache", in denen die Nationalsozialisten ihre politischen und intellektuellen Gegner aus den Straßenkämpfen und Redeschlachten der Weimarer Republik zur Abschreckung inhaftierten. Nicht selten kamen Täter und Opfer aus dem gleichen Milieu oder waren Nachbarn bzw. Familienangehörige wie im KZ Oranienburg, wo dem Kommunisten Willi Ruf sein Vater als SA-Aufseher gegenüber stand.

 

Propagandalager

Das KZ Oranienburg wurde von verschiedenen staatlichen Stellen anerkannt, finanziell gefördert und administrativ beaufsichtigt. Bürgermeister und Landräte verfügten als Repräsentanten der kommunalen Verwaltung die Einweisung der meisten Häftlinge in dieses Lager. Lagerkommandant SA-Sturmbannführer Werner Schäfer nutzte das KZ Oranienburg auch zu Propagandazwecken. Er empfang häufig in- und ausländische Besucher, die er durch das Konzentrationslager führte. In der deutschen Presse erschienen zahlreiche Berichte und Reportagen über das "vorbildliche" Lager. Filmaufnahmen der Wochenschau über das KZ Oranienburg wurden in rund 5.000 Kinos gezeigt.

 

Häftlinge

Zwischen März 1933 bis zu seiner Auflösung im Juli 1934 waren im KZ Oranienburg insgesamt etwa 3.000 Menschen inhaftiert, meist politischen Gegner, die aus Berlin, Oranienburg und der Umgebung stammten. Unter den Häftlingen waren Abgeordnete des Reichstages und des Preußischen Landtages, führende Mitarbeiter des Berliner Rundfunks und zahlreiche Intellektuelle. Waren es zu Anfang fast ausschließlich Kommunisten, so kam ab Juni/Juli 1933 auch eine geringe Anzahl Sozialdemokraten hinzu. Einige Häftlinge gehörten den Mitte- und Rechtsparteien an wie der Deutschen Zentrumspartei oder der Deutschnationalen Volkspartei. Vereinzelt stammten Häftlinge sogar aus dem "Stahlhelm", der NS-Betriebszellenorganisation oder aus der NSDAP. Letztere erhielten jedoch als "Ehrenhäftlinge" privilegierte Haftbedingungen.

 

Haftbedingungen

Der "Alltag" der Häftlinge war in diesem Lager von Strafexerzieren und Arbeitseinsatz bestimmt. Sie mussten z. B. im Auftrag der Stadt Oranienburg Straßen-, Bahn-, Wasserbau- und Forstarbeiten durchführen. Von der Gewalt der Wachmänner waren insbesondere die jüdischen Häftlinge betroffen, die in einer speziellen "Judenkompanie" zusammen gefasst wurden. Mindestens 16 Häftlinge kamen im KZ Oranienburg ums Leben, unter ihnen der anarchistische Schriftsteller Erich Mühsam.

 

Schließung

Im Zusammenhang mit dem "Röhm-Putsch" und der Entmachtung der SA übernahmen im Juli 1934 rund 150 SS-Männer unter Führung des Inspekteurs der Konzentrationslager, SS-Brigadeführer Theodor Eicke, das Lager und lösten es auf. Am 13. Juli wurden die Häftlinge in das KZ Lichtenburg überstellt. Das KZ Oranienburg galt fortan als "Reservelager für Berlin für etwa eintreffenden Bedarf".

 

Nachgeschichte

Nach 1945 gehörte das KZ Oranienburg jahrzehntelang zu den fast vergessenen Terrorstätten des NS-Regimes. Die im Krieg zerstörten Gebäude waren bis auf Teile einer Brandmauer abgetragen worden. In den 1960er Jahren entstanden auf dem Gelände in der Berliner Straße 20 Büros und Garagen für die "Volkspolizei". Eine unscheinbare Bronzetafel, ein als Bank aufgestellter Zementblock und ein Gedenkstein für Erich Mühsam konnten nicht verhindern, dass die Erinnerung verblasste und durch das KZ Sachsenhausen überlagert wurde.

Bis heute wird das KZ Oranienburg häufig mit dem 1936 am Stadtrand von Oranienburg errichteten KZ Sachsenhausen verwechselt.

 

Dauerausstellung "KZ Oranienburg 1933/34"
Audiowalk über das KZ Oranienburg 1933/34