Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

1936-1945 Konzentrationslager Sachsenhausen

 

Modelllager

Das KZ Sachsenhausen wurde im Sommer 1936 von Häftlingen aus den Emslandlagern errichtet. Es war die erste Neugründung eines KZ nach der Ernennung des Reichsführers SS Heinrich Himmler zum Chef der Deutschen Polizei im Juli 1936. Am Reißbrett von einem SS-Architekten geplant, sollte die als idealtypisches KZ konzipierte Anlage dem Weltbild der SS architektonischen Ausdruck geben und die Häftlinge auch symbolisch der absoluten Macht der SS unterwerfen. Als Modell- und Schulungslager sowie als Konzentrationslager in unmittelbarer Nähe der Reichshauptstadt nahm das KZ Sachsenhausen eine besondere Stellung ein. Diese wurde dadurch unterstrichen, dass 1938 die "Inspektion der Konzentrationslager" als zentrale Verwaltungsinstanz für alle  Konzentrationslager im deutschen Machtbereich von Berlin nach Oranienburg verlegt wurde.

 

Häftlinge

Zwischen 1936 und 1945 waren im KZ Sachsenhausen mehr als 200.000 Menschen  inhaftiert. Unter ihnen befanden sich politische Gegner des NS-Regimes, Angehörige der von den Nationalsozialisten als rassisch oder biologisch minderwertig erklärten Gruppen wie Juden, Sinti und Roma, als "Homosexuelle" Verfolgte sowie sogenannte "Berufsverbrecher" und "Asoziale". Waren die Häftlinge zunächst überwiegend deutsche Staatsbürger, wurden nach Beginn des Zweiten Weltkrieges zehntausende Menschen aus den besetzten Ländern in das KZ Sachsenhausen verschleppt, darunter politische Gegner des Nationalsozialismus bzw. der kollaborierenden Regierungen, ausländische Zwangsarbeiter sowie alliierte Kriegsgefangene. 1944 waren rund 90 Prozent der Häftlinge Ausländer, unter denen Bürger der Sowjetunion und Polen die größten Gruppen stellten. Unter den Häftlingen des KZ Sachsenhausen befanden sich auch rund 20.000 Frauen.

 

Zwangsarbeit

Der Arbeitseinsatz der Häftlinge erfolgte zunächst in SS-eigenen Werkstätten und Betrieben auf dem lagereigenen Industriehof sowie in verschiedenen Strafkommandos wie dem "Klinkerwerk" oder dem "Schuhläuferkommando". Seit dem Spätsommer 1938 mussten Häftlinge des KZ Sachsenhausen unweit der Lehnitz-Schleuse bei Oranienburg das weltweit größte Ziegelwerk errichten, um die Baustoffe für die gigantischen Bauvorhaben der NS-Führung in der Reichshauptstadt Berlin zu liefern. Dazu trieb die SS täglich bis zu 2.000 Häftlinge unter den Augen der Oranienburger Bevölkerung über die Kanalbrücke ins Klinkerwerk. Als „Todeslager“ war das Kommando unter den Häftlingen besonders gefürchtet, zumal die SS das Klinkerwerk als Tatort gezielter Mordaktionen nutzte. Mit der Einrichtung eines Barackenlagers bekam das Klinkerwerk 1941 den Status eines selbständigen Außenlagers. Ab 1943 nutzte die SS das Gelände für die Rüstungsproduktion. In den Öfen des Klinkerwerks wurden Granatenrohlinge geglüht.

 

Außenlager

Das 1940 eingerichtete "Schuhläuferkommando" unterstand einem zivilen Beamten des Reichswirtschaftsministeriums. Hier mussten Häftlinge tagelang mit Gepäck auf einer um den Appellplatz angelegten Schuhprüfstrecke mit verschiedenen Bodenbelägen marschieren, um die Tauglichkeit von Schuhsohlenmaterial zu testen. Im Zuge des massenhaften Einsatzes von KZ-Häftlingen als Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie entstanden ab 1942 mehr als 100 Außenkommandos und Außenlager des KZ Sachsenhausen. Diese lagen in der Nähe von Rüstungsbetrieben wie z. B. den Heinkel-Flugzeugwerken in Oranienburg oder bei Berliner Rüstungsbetrieben wie AEG und Siemens.

 

Opfer

Zehntausende Häftlinge kamen im KZ Sachsenhausen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen um oder wurden Opfer von systematischen Vernichtungsaktionen der SS. Im Herbst 1941 ermordete die SS mindestens 13.000 sowjetische Kriegsgefangene, unten denen sich viele Juden befanden, in einer eigens dafür gebauten "Genickschussanlage" und bei der Erprobung von Gaswagen. Etwa ein halbes Jahr später wurde im Frühjahr 1942 auf dem Industriehof eine Vernichtungsanlage mit Krematorium, Genickschussanlage und einer 1943 eingebauten Gaskammer errichtet. In Analogie zum Turm A als Eingangstor bezeichnete die SS das Gebäude zynisch als "Station Z".

 

Massenmorde in der Schlussphase

Im KZ Sachsenhausen und seinen Außenlagern waren Anfang 1945 etwa 80.000 Menschen inhaftiert, davon etwa 58.000 im Stammlager Sachsenhausen. Als die Rote Armee die Oder erreichte, befahl der Lagerkommandant auf Weisung der höheren SS-Führung Vorbereitungsmaßnahmen zur Evakuierung des Lagers. In diesem Zusammenhang ermordete ein SS-Sonderkommando unter der Leitung von Otto Moll ab Februar 1945 etwa 3.000 Häftlinge , die als "gefährlich" galten, über eine militärische Ausbildung verfügten oder zuvor als "marschunfähig" eingestuft worden waren. Mindestens 13.000 weitere Häftlinge wurden in die KZ Mauthausen und Bergen-Belsen transportiert.

 

Todesmarsch und Befreiung

Die Räumung des KZ Sachsenhausen begann in den Morgenstunden des 21. April 1945. Mehr als 30.000 verbliebene Häftlinge wurden in Gruppen nach Nordwesten in Marsch gesetzt. Auf diesen Todesmärschen starben noch einmal Tausende von Häftlingen. Am 22. April 1945 befreiten Einheiten der sowjetischen und polnischen Armee schließlich etwa 3.000 im Lager zurückgebliedene Kranke, Pfleger und Ärzte. 300 ehemalige Häftlinge überlebten die Befreiung nicht, sie starben noch vor Ort an den Folgen der KZ-Haft und wurden in sechs Massengräbern an der Lagermauer im Bereich des Krankenreviers bestattet.

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