Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

Gesticktes Herz

Gesticktes Stoffherz, 1947, Sammlung der Gedenkstätte Sachsenhausen, Inventar-Nr. 17.00052
Leonore Fink, 1946, ein Tag vor der Verhaftung, Archiv Gedenkstätte der Sachsenhausen
Familie Fink, 1960er Jahre, Archiv der Gedenkstätte Sachsenhausen

Das Stoffherz entstand 1947 im sowjetischen Speziallager in Sachsenhausen. Leonore Fink fertigte es als Überraschung zum Nikolaustag für ihre ebenfalls inhaftierte Mutter. Das Herz ist ein kleines Kunstwerk voller Sehnsucht, Hoffnung und Erinnerung. Es enthält florale Motive, Käfer und sechs eingestickte Vornamen ihrer Familie – ein Zeugnis gegen die Trennung und Isolation des Lageralltags. 

Leonore Fink wurde am 26. Juni 1925 in Königsberg geboren. Ihr Vater Karl Fink war Frauenarzt und Professor an der Königsberger Universität. Leonore Fink flüchtete kurz vor Kriegsende aus der Stadt nach Mecklenburg. Sie sammelte Informationen über die Situation in ihrer Heimatstadt und beschrieb diese in deutlichen Worten in einem Brief an eine Freundin, die in der britischen Besatzungszone lebte. Dieser Brief geriet dem sowjetischen Geheimdienst in die Hände und führte an ihrem 21. Geburtstag zu ihrer Verhaftung in Schwerin. 

Zwei Monate später verhaftete der sowjetische Geheimdienst auch ihre Mutter Frieda Fink. Beide wurden am 4. Oktober 1946 von einem sowjetischen Militärtribunal in Schwerin wegen „antisowjetischer Propaganda und Agitation“ und „Verleumdung der Roten Armee“ zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilt und ins sowjetische Speziallager Sachsenhausen gebracht. Im Februar 1950 wurden sie entlassen.

Feiertage wie der Nikolaustag hatten in der Haft eine besondere Bedeutung, da sie halfen, Erinnerungen an die Zeit vor der Inhaftierung wachzuhalten. Fink widmete das kleine Herz ihrer „lieben Mutti“. Es zeigt eindrucksvoll, wie Häftlinge kreative Überlebensstrategien entwickelten. In der Baracke Nr. 6 fertigten viele Frauen heimlich kleine Geschenke an, obwohl Nadeln und scharfe Gegenstände verboten waren. Genäht wurde im schwachen Licht der Barackenbeleuchtung, oft mit mühsam getauschten Materialien. Fink beschaffte einzelne Fäden über die Lager-Tauschökonomie – an die Herkunft der Nadel erinnert sie sich nicht mehr. 

Leonore Fink übergab das Herz der Gedenkstätte 2016 als Dauerleihgabe.