Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

1945 - Sowjetisches Speziallager Sachsenhausen

Virtueller Jahrestag

Im Zuge der Verlegung des sowjetischen Speziallagers Nr. 7 von Weesow (bei Werneuchen) kamen am Abend des 16. August 1945 mehr als 5.000 von der Haft geschwächte Häftlinge nach einem Fußmarsch von rund 40 Kilometern in den Baracken des ehemaligen KZ Sachsenhausen an. Der Jahrestag der Ankunft der ersten Inhaftierten in Sachsenhausen wird von den ehemaligen Häftlingen und ihren Angehörigen seit Anfang der 1990er Jahre als Gedenktag für die Opfer des Speziallagers begangen.

Insgesamt inhaftierte der sowjetische Geheimdienst NKWD bis zur Auflösung des Lagers im Frühjahr 1950 rund 60.000 Menschen im Speziallager Sachsenhausen, von denen 12.000 an Hunger und Krankheiten starben. Im Lager waren vorwiegend untere Funktionäre des NS-Regimes, aber auch Mitarbeiter aus Verwaltung, Polizei, Justiz und Wirtschaft sowie SS-Personal aus den Konzentrationslagern inhaftiert. Unter den Häftlingen befanden sich außerdem politisch Missliebige und willkürlich Verhaftete sowie von sowjetischen Militärtribunalen Verurteilte - Männer und Frauen, Alte und Junge, NS-Belastete und Unbelastete.

Seit vielen Jahren führt die Gedenkstätte zusammen mit der AG Sachsenhausen 1945-50 anlässlich dieses Jahrestages eine gemeinsame Gedenkveranstaltung durch. Begleitend sollte dieses Jahr eine Konferenz stattfinden, die Corona-bedingt abgesagt werden musste. Mit finanzieller Unterstützung der Bundesstiftung zu Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur hat die Gedenkstätte ein Online-Programm entwickelt.

 

Aufnahmen der Gedenkveranstaltung

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Virtuelle Führungen

Das sowjetische Speziallager in Sachsenhausen

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Sjoma Liederwald gibt einen Einblick in die Geschichte des sowjetischen Speziallagers Nr. 7/Nr. 1, in dem 60.000 Menschen inhaftiert waren, von denen 12.000 starben. Er führt aus, welche unterschiedlichen Gruppen dort nach der Besatzung Deutschlands vom sowjetischen Geheimdienst inhaftiert wurden. Zudem berichtet Liederwald von der Lagerauflösung 1950, bei der 4.800 Verurteilte zur Inhaftierung an die DDR übergeben, über 700 bis dahin ohne Urteil Inhaftierte zur Aburteilung in den unrechtmäßigen „Waldheimer Prozessen“ übergeben wurden, in denen einzelne die Todesstrafe erhielten.

 

Das Museum – Sowjetisches Speziallager Nr.7 / Nr.1 in Sachsenhausen

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Das Museum „Sowjetisches Speziallager“ befindet sich an der Nordspitze des früheren Lagerdreiecks. Vom Standort des Museums verweisen Sichtachsen auf das größte Massengrab des Speziallagers auf dem „Friedhof am Kommandantenhof“ sowie auf 15 Steinbaracken, von denen zwei für Besucher*innen begehbar sind. Enrico Heitzer stellt das Museum vor, in dem die Geschichte des Speziallagers auf mehr als 350 Quadratmetern Ausstellungsfläche mit 700 Exponaten erzählt wird.

 

Massengräber – Die Toten des sowjetischen Speziallagers in Sachsenhausen

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Enrico Heitzer spricht über die Gräber des sowjetischen Speziallagers Nr. 7/Nr. 1 in Sachsenhausen. In diesem Lager, das sich zunächst kurzzeitig in Weesow befand, inhaftierte der sowjetische Geheimdienst von 1945 bis 1950 etwa 60.000 Menschen. Damit war es das größte von insgesamt 10 Speziallagern, die in der Sowjetischen Besatzungszone und frühen DDR existierten. Etwa 12.000 Menschen starben an den unmenschlichen Haftbedingungen. Sterben und Tod sind zentrale Aspekte der Geschichte dieses Lagers, die in der Gedenkstätte seit Jahren erforscht, dokumentiert und erinnert werden.

 

Zeitzeugen

Film: "Alles um zu überleben: als Jugendlicher im Speziallager Sachsenhausen"

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Im Schuljahr 2016/2017 entstand in der Gedenkstätte Sachsenhausen in Kooperation mit Waidak Media e.V. und dem Georg-Mendheim-Oberstufenzentrum in Oranienburg ein Film über Reinhard Wolff, der als Jugendlicher drei Jahre lang im sowjetischen Speziallager in Sachsenhausen inhaftiert war.

Der damals 88‐jährige Reinhard Wolff, der von 1945 bis 1948 als angeblicher nationalsozialistischer Untergrundkämpfer des „Werwolf“ im sowjetischen Speziallager Nr. 7 in Sachsenhausen inhaftiert war, engagiert sich bis heute für die Erinnerung an die sowjetischen Lager der Nachkriegszeit. Beraten von der Gedenkstätte, angeleitet von der Filmemacherin und Grimme-Preis-Trägerin Loretta Walz, ihrem Kollegen Knut Gerwers und dem Gedenkstättenlehrer Uwe Graf, erarbeiteten 18 Schülerinnen und Schüler eines Seminarkurses Geschichte im Verlauf eines Schuljahres ein filmisches Porträt des Zeitzeugen. Der Film dokumentiert sowohl das Leben und Wirken Reinhard Wolffs als auch den Prozess der Auseinandersetzung junger Menschen mit dem Thema Speziallager.

 

Im Gespräch mit Leonore Bellotti

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Leonore Bellotti wurde am 26.06.1925 in Königsberg geboren. Ihr Vater Karl Fink war Frauenarzt und Professor an der Königsberger Universität. Leonore Bellotti flüchtete kurz vor Kriegsende aus der Stadt nach Mecklenburg. Sie sammelte Informationen über die Situation in ihrer Heimatstadt und beschrieb diese in einem Brief an eine Freundin, die in der britischen Besatzungszone lebte, in deutlichen Worten. Der Brief geriet dem sowjetischen Geheimdienst in die Hände, der sie am 26.06.1946 festnahm. Nachdem auch ihre Mutter Frieda Fink zwei Monate nach ihr verhaftet worden war, wurden beide gemeinsam am 04.10.1946 von einem sowjetischen Militärtribunal in Schwerin wegen „antisowjetischer Propaganda und Agitation“ und „Verleumdung der Roten Armee“ zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilt und ins sowjetische Speziallager Sachsenhausen verbracht. Beide wurden im Februar 1950 entlassen.

 

Im Gespräch mit Friedrich Klausch

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Friedrich Klausch, geboren 1929 in Potsdam, machte 1943 bis 1945 in Mainz-Kastel und Berlin-Spandau eine Lehre als Werkzeugmacher. 1945 wurde er im Volkssturm eingesetzt und kam kurzzeitig in sowjetische Gefangenschaft, aus der er floh. 1948 war er Betriebsschlosser in Marl-Hüls/Ruhrgebiet. Am 6. April 1948 wurde er durch den sowjetischen Geheimdienst an der Sektorengrenze bei Potsdam festgenommen. Am 4. September 1948 wurde er durch die Sonderberatung (OSO) beim MGB in Moskau wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Haft verurteilt. Bis Anfang Oktober 1948 saß er im Gefängnis Leistikowstraße Potsdam, ehe er ins sowjetische Speziallager nach Sachsenhausen verbracht wurde. Nach einigen Wochen kam er in die Lager des GULag in der Sowjetunion. Er war u.a. in Lagern und Gefängnissen in Brest-Litovsk, Moskau, Vologda und Inta inhaftiert. Am 12. Januar 1956 erfolgte seine Entlassung über das Lager Friedland in die Bundesrepublik. Er arbeitete später als Maschinenbauingenieur. Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte ihn am 28. November 1997.

 

 

Künstlerische Auseinandersetzung

Tanzperformance: Baracke und Blumenwalzer (2015)

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Im Programm anlässlich des 70. Jahrestages der Einrichtung des sowjetischen Speziallagers Nr. 7/Nr. 1 in Sachsenhausen wurde die Tanzperformance „Baracke & Blumenwalzer -
eine choreographische Spurensuche nach der Haft der Großeltern“ von Johanne Timm in der Gedenkstätte aufgeführt.
Die Choreographin und Tänzerin Johanne Timm begab sich dafür auf Spurensuche zur Haft ihrer Großeltern im Sowjetischen Speziallager Sachsenhausen. Hier waren Dietlinde und Tilmann Timm von 1946 – 1950 inhaftiert und verliebten sich im Lagertheater.

 

Stimmen internationaler Experten

Dr. Irina Scherbakowa, Memorial Moskau, Russland

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Dr. Irina Scherbakowa, Historikerin und Germanistin, gehört zu den Initiatorinnen der Menschenrechtsorganisation „Memorial“ in Moskau. Die NGO widmet sich der Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Stalinismus und verfügt über große Sammlungen von Erinnerungsberichten, aber auch Objekten aus den Lagern. Scherbakowa leitet das Bildungsprogramm des Internationalen Memorial. Sie ist Chefredakteurin des Portals [„Lehren der Geschichte“]. An entscheidender Stelle wirkte sie als eine der ersten russischen Historiker/innen an der Aufarbeitung der Geschichte der sowjetischen Speziallager in Deutschland mit.

https://urokiistorii.ru/node/53877

 

Andrew Beattie, University New South Wales, Australien

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Dr. Andrew Beattie ist Associate Professor an der University of New South Wales, wo er German und European Studies lehrt. Er ist Experte der deutschen Memorialkultur und hat Forschungen zum Umgang mit der NS- und DDR-Vergangenheit, aber auch zur Praxis der alliierten Internierung in den Nachkriegsjahren in Deutschland, vorgelegt. Zuletzt erschien von ihm 2019 Allied Internment Camps in Occupied Germany: Extrajudicial Detention in the Name of Denazification, 1945–1950 bei Cambridge University Press.

www.arts.unsw.edu.au/our-people/andrew-beattie

 

Dr. Ilya Udovenko, GULag-Museum Moskau, Russland

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Das GULag-Museum in Moskau wurde 2001 vom früheren Dissidenten Anton Antonov-Ovseenko gegründet, der selbst im Lager inhaftiert gewesen war. Im Zentrum Moskaus widmet es sich mit vielfältigen Aktivitäten der Geschichte des GULag. Das Haus verfügt über ein Videostudio, in dem Zeitzeugeninterviews aufgezeichnet und Online-Beiträge produziert werden. Dr. Ilya Udovenko von der Forschungsabteilung stellt die Arbeit des Museums vor. Er geht besonders auf das Projekt der Online-Karten „Gulagmaps“ ein, in dem auch die sowjetischen Speziallager in Deutschland berücksichtigt wurden.

 

Unser "Objekt im Fokus" ist in diesem Monat eine geheime Nachricht aus dem Speziallager Nr. 7 in Weesow.