Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

Rindenreiben aus dem Belower Wald

Bei Ausgrabungen im Belower Wald in den 1990er Jahren wurden zahlreiche Rindenreiben wie diese gefunden. Was für eine Geschichte verbirgt sich dahinter?

Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, in der Nacht vom 20. auf den 21. April 1945, schickte die SS die meisten Häftlinge des KZ Sachsenhausen auf einen Todesmarsch in Richtung Norden. Die SS wollte dadurch verhindern, dass die Häftlinge von den heranrückenden Alliierten befreit werden. Nur kranke und sterbende Häftlinge wurden im Lager zurückgelassen.

Während des Todesmarsches starben tausende Häftlinge an Hunger und Erschöpfung oder wurden von SS-Männern erschossen, wenn sie zusammenbrachen und nicht mehr weiterlaufen konnten.

Nach einigen Tagen Fußmarsch kamen die ausgehungerten Häftlinge im Belower Wald in der Nähe von Wittstock an. Dort mussten sie mehrere Tage im Freien ausharren. Einige Häftlinge stellten aus Metallresten einfache Reiben her, um damit Rinde von Bäumen und Pflanzen zu reiben und diese zu essen.

Der ehemalige französische Häftling Marcel Suillerot (geboren 1923) berichtet in einem Interview 2009 davon:

„Glücklicherweise für uns gab es in dem Jahr Löwenzahn, den kannten wir, Brennnesseln..., wir aßen Blätter, Wurzeln... Es gab welche, die hatten abgekratzte Baumrinde, um daraus eine Art Mehl zu machen. [...] Einige hatten kleine Reiben, die sie sich gemacht hatten. [...] Wir haben die Blätter der Büsche gegessen. Wir haben Stöcke von den Büschen geschnitten, um uns Unterstände zu bauen, einige Zweige und unsere Decken darüber [gelegt], um darunter schlüpfen zu können.“

Die fehlende Rinde ist auch heute noch an manchen Bäumen in der Gedenkstätte Belower Wald zu sehen.

Nach dem Aufenthalt im Belower Wald mussten die Häftlinge weitermarschieren. Doch Anfang Mai 1945 trafen sie im Gebiet zwischen Parchim, Schwerin und Ludwigslust auf alliierte Soldaten. Die SS-Männer hatten die Marschkolonnen zuvor fluchtartig verlassen. Der Moment der Befreiung war gekommen.

Die rund 2.000 im KZ Sachsenhausen zurück gebliebenen Häftlinge wurden am 22. April 1945 von sowjetischen und polnischen Soldaten befreit.

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